Die Versicherungswirtschaft hat das Wort
Die Versicherungswirtschaft hat das Wort. Nachdem wir in den letzten Wochen aus gegebenem Anlass sehr umfangreich über Fragen von Politik und Wirtschaft berichtet haben, wollten wir uns nach der Wahl vom Wochenende mit reinen Themen aus dem Bereich „Versicherung“ beschäftigen. Nun ist es die Versicherungswirtschaft selbst, die sich in ihren Mitteilungsorganen noch einmal umfangreich zum Thema Politik und Wirtschaft zu Wort meldet. Dem wollen und müssen wir uns deshalb noch einmal anschließen.
Die Erwartung
Die Versicherungswirtschaft steht als Klammer um alle Bereiche der Wirtschaft stellvertretend für die Erwartungen, die alle Wirtschaftsverbände unisono mit dem Ausgang der Wahlen verbinden. Dabei ist die Ausgangslage aller Äußerungen die grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Regierungsauftrag der CDU/CSU. Die konkreten Erwartungen der Wirtschaft an die neue Regierung umfasst im Prinzip drei Forderungen: den Abbau von Bürokratie, die Unternehmenssteuerreform und für das produzierende Gewerbe die Reduzierung des Strompreises. Dabei bildet die Reihenfolge der Forderungen den Grad der Prioritäten ab. Natürlich verbergen sich hinter den einzelnen Forderungen viele branchenspezifische Aspekte, wie zum Beispiel die Neuregelung der gesetzlichen Rente und der privaten Altersvorsorge aus der Sicht der Versicherungswirtschaft. Was alle Wirtschaftsverbände vereint, ist die Hoffnung auf eine zügige Regierungsbildung und schnellstmögliches Handeln.
Die Befürchtung
Vor einer Regierungsbildung stehen Koalitionsverhandlungen. Entscheidend ist, ob es sich dabei um einen konstruktiven oder einen destruktiven Versuch handelt. Und schon am zweiten Tag nach der Wahl zeichnet sich etwas ab, das Bedenken hervorruft. Dazu gibt es einen konkreten Anlass. In seinem Wahlkampf hat Friedrich Merz die Bewahrung der Schuldenbremse verteidigt. Löblich, aber seit der Kündigung der transatlantischen Beziehungen wie wir sie kennen durch die amerikanische Administration nicht wirklich realistisch. Dennoch behielt Friedrich Merz seine Position bei. Auch das war durchaus nachvollziehbar, denn ohne die begrenzten Finanzmittel eins Haushalts werden die Verwendungszwecke der Mittelvergabe nicht ernsthaft einer Prüfung unterzogen. Dennoch gab es im Laufe des Wahlkampfes in einem Podiumsgespräch bei der Süddeutschen Zeitung die Bemerkung von Merz, man müsse sicher über die Schuldenbremse grundsätzlich und bei gegebenem Anlass nachdenken. Natürlich wusste Merz, dass es finanziell eng werden würde. Woher sollen all die Mittel für Infrastruktur, Bahn, Steuerreform und Militär auch kommen. Was Merz nicht ahnte, war, dass das Wahlergebnis so ausfallen würde, dass seine neue Regierung keine 2/3 Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes zustande bekäme, um die Schuldenbremse zu lockern. Dumm gelaufen.
Soll jetzt die alte Regierung mit größerer Mehrheit das leisten, was die neue nicht kann? Das erfordert ernste Gespräche und Orientierung am sachlich Notwendigen. Stattdessen wird schon von moralischem Wahlbetrug gesprochen, von belasteten Koalitionsverhandlungen, bevor sie angefangen haben. Liebe Berliner Politiker, besinnt euch auf das Pragmatische, auf das, was Deutschland jetzt wirklich nötig hat und versucht gemeinsam, die fast erdrückenden Probleme unseres Landes zu lösen. Ideologie hilft da nicht weiter. Immerhin haben beide Koalitionäre mit ihren Positionen beim Wähler nicht gepunktet, die einen mehr, die anderen weniger. Die Zeit für Grabenkämpfe ist vorbei!